Rollenservice – Wartung einer Baitcastrolle

Besonders passionierte Baitcast-Fanatiker kennen das Problem sehr gut. Die „neue“ Baitcastrolle, welche kaum ein Jahr auf dem Buckel hat, fängt langsam an zu schwächeln.

Beim Werfen erklingt ein unangenehmes Quietschen, Kratzen, Schleifen. Oder beim Kurbeln erzeugt die Rolle ein unangenehmes spürbares Ruppern oder Rattern. Im schlimmsten Fall machen sich sogar „performance einbußen“ in Form von geringerer Wurfweite oder vermehrt auftretenden Backlashes (Perücken) bemerkbar.

Das wirft natürlich Fragen auf, ob die Rolle ihre 400€ wert gewesen ist, wenn sich bereits nach kurzer Zeit solche Probleme einstellen. Doch hierbei handelt es sich lediglich um normale Symptome, welche bei einer mechanischen Baugruppe über die Zeit auftreten.

Bei genauem betrachten ist die Ursache hierbei völlig klar: Schmutz.

Selbst bei pfleglichen Gebrauch seiner Rolle lässt sich logischerweise nicht vermeiden, dass diese in irgendeiner Form verdrecken. Ob durch den Schnurabrieb der geflochtenen oder Algen an der Oberfläche welche sich über die Schnur auf die Rolle in den Line guide oder das Worm Gear ziehen.

Deshalb ist es wichtig seine Rollen regelmäßig zu inspizieren und zwischen zu reinigen. Bereits eine kurze Kur mit Wasser, Küchenkrepp und Wattestäbchen reicht um die Rolle wieder bereit für die nächsten Wochen am Wasser zu machen. Doch trotz alledem kommt man ab einem gewissen Punkt um eine vernünftige Wartung Seiner BC´s nicht drum herum.

Darum soll es in diesem Artikel gehen. Bei Baitcastrollen handelt es sich nun wirklich nicht um hochkomplizierte mechanische Bauteile. Selbst Laien, welche mit dieser Thematik nicht viel am Hut haben, brauchen sich vor dem Zerlegen und Reinigen ihrer Rollen nicht zu fürchten. Vorausgesetzt man weiß worauf zu achten ist.

Wann sollte man seine Baitcastrolle Warten?

Diese Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Wird eine Rolle eine ganze Saison intensiv gefischt, empfiehlt es sich sicher, diese spätestens in der Schonzeit einmal vollständig zu reinigen und neu abzuschmieren. Wird dieselbe Baitcastrolle aber nur sehr sporadisch gefischt kann es sein, dass 2 Jahre lang keine Rollenwartung notwendig ist. 

Um es dennoch zu konkretisieren: wenn eure Rolle so aussieht wie jene, die auf den folgenden Bilder zu sehen ist, dann wird es allerhöchste Zeit ihr eine Kur zu gönnen! 

Was wird benötigt?

 Werkzeug:

  • ein Set kleiner Schraubenzieher (meinst reicht Kreuz und Schlitz)
  • ein kleiner Maulschlüssel
  • eventuell eine Pinzette

Tipp: Von Abu Garcia existiert ein Angelrollen Pflegeset*, welches bereits einen Großteil der benötigten Werkzeuge, sowie Fett und Öl beinhaltet!

 Reinigungsmaterial:

  • Küchenkrepp oder Taschentücher-Wattestäbchen* (Hierzu eignen sich besondere “Make-Up Wattestäbchen” besonders gut!
  • Eine Zahnbürste oder ähnliches
  • Bremsenreiniger oder Isopropanol* zum entfetten der Internals
  • Wasser zum Reinigen der Gehäuseteile (alternativ natürlich auch „Rod & Reel Cleaner“)

Sonstige Utensilien:

  • Zwei bis drei Behältnisse zum sicheren aufbewahren der Einzelteile und eines zum Reinigen
  • Rollen Fett und Öl. Hierbei am besten das des jeweiligen Herstellers der Rolle. (Sofern vorhanden)
  • Ich verwende Hier das mitgelieferte Öl welches bei diesem Modell mitgeliefert wurde und das Rollen Fett von Abu Garcia*

  Und Ganz wichtig!!! Die Explosionszeichnung der Rolle!

Diese liegt in aller Regel der Baitcastrolle bei. Ist dies nicht der fall, kann man sie zumindest im Falle von Abu Garcia online einsehen.

Zur Veranschaulichung habe ich mich für ein Modell der Marke Abu Garcia entschieden. Diese Anleitung lässt sich aber auch ohne Problem auf Rollen von Shimano oder Daiwa übertragen.

Hier ein Link zu den Explosionszeichnungen von Abu Garcia: https://www.abugarcia.com/pages/abugarcia-reel-schematics 

Für Shimano Rollen finden sich die Explosionszeichnungen bei dem jeweiligen Modell auf der Homepage: https://fish.shimano-eu.com/content/fish/eu/de/de/homepage/baitcasting-reels.html

Schritt 1: Vorbereitung

Bereitet euren Arbeitsplatz sorgfältig vor. Räumt alle nicht benötigten Gegenstände vom Tisch und legt euch euer Werkzeug und die Aufbewahrungsschälchen zurecht. Nichts ist ärgerlicher wenn einem die kleinen Teilchen aus Unachtsamkeit verloren gehen. Glaubt mir… Ich spreche aus Erfahrung.

Des Weiteren sollte die Baitcastrolle, soweit es ohne Werkzeug geht, zerlegt werden. Das heißt im Endeffekt das Demontieren des Seitendeckels und der Spule.         

Schritt 2: Demontage des Handles und des Bremssterns.

Entfernt zuerst das kleine Sicherungsplättchen   und die Mutter welche den Handle fixiert. Aber Achtung! Bei Linkshandrollen (Kurbel auf der linken Seite) ist dies ein Linksgewinde! Dieses wird nach rechts geöffnet.

Nehmt den Handle ab und legt ihn bei Seite.       Je nach Modell ist hier noch eine Beilagscheibe darunter.

Nun den Dragstar/Bremsstern nach rechts drehend von   der Kurbelachse lösen. Nun kommen wieder einige Scheiben zum Vorschein. Diese sogenannten „Federscheiben“ müssen gegensätzlich eingebaut werden, um Druck auf die Bremsscheiben ausüben zu können. Darauf muss beim Zusammenbau unbedingt geachtet werden!

Zieht nun alle auf der Welle verbleibenden Scheiben ab und legt sie beiseite.

Schritt 3: Das öffnen der Rolle:

Je nach Marke und Modell sind die Schrauben, welche den Seitendeckel verschlossen halten, anders positioniert. Nutzt hierbei die Explosionszeichnung um herauszufinden wo diese sitzen.

Am Beispiel dieser Baitcastrolle von Abu Garcia sitzen drei Schrauben außen und eine innen. 

Achtet beim Öffnen darauf, leichten Druck auf den Deckel auszuüben, da darunter 2 kleine Federn sitzen. Sind alle Schrauben gelöst, den Druck vom Deckel nehmen und diesen von der Kurbelachse ziehen.

Nun kommt das Getriebe der Rolle zum Vorschein.

Schritt 4: Zerlegen des Getriebes:

Entfernt zuerst die beiden Federn. Jetzt kann das große Zahnrad, das sogenannte „Maingear“ mit samt der Bremsscheiben von der Kurbelwelle gezogen werden. Entfernt auch die darunterliegende Brems- und Zahnscheibe. Nun kann das kleine Zahnrad (das „Piniongear“)   mit samt der darunter befindlichen Kunststoffauflage entfernt werden.

Nutzt jetzt die Pinzette oder den Schlitzschraubendreher um die Bremsscheiben aus dem Maingear zu nehmen. Behandelt die Carbon Bremsscheiben sehr vorsichtig, um sie nicht zu knicken.

Aufpassen: Mit den Zahnrädern sollte dringend sehr sorgsam umgegangen werden. Bereits eine leichte Deformierung der Zahnflanken kann dazu führen, dass die Rolle beim Kurbeln anfängt zu Rattern. Solche Beschädigungen können dann häufig nur noch mit dem Austausch des Getriebes repariert werden. Das wird häufig äußerst kostspielig und lässt sich vermeiden!

Schritt 5: Entfernen der Kurbelwelle und des Wormgears:

Jetzt kommt der wohl „komplizierteste“ Part. Aber keine Angst. Auch das ist kein Hexenwerk. 

Die Kurbelwelle [1]  ist in vielen Fällen nur mit zwei Schrauben fixiert. Entfernt diese und zieht die Welle aus dem Lagersitz.

Entfernt nun die Zierabdeckung [2] des Line guides [4] und den Wellensicherungsring [3] auf der Bremsdeckel Seite“ der Baitcastrolle. (Ich nutze hierzu einen Schlitzschraubendreher. Seid dabei sehr vorsichtig, um diesen nicht zu verlieren)  Darunter befindet sich eine kleine sehr dünne Beilagscheibe und ein kleines Kunststoff Gleitlager. (Bei manchen Rollen, wie bei dieser, auch ein Kugellager)

Jetzt können die Führungsachsen [5] des Line guides [4] entfernt werden.

[4] Line Guide mit Line guide Nut

Schraubt nun die Line guide Nut vorne ab. Achtet darauf, dass die darunter befindliche Kupferscheibe [6] nicht verloren geht! Entfernt nun noch den Führungszapfen (unter [6]) des Wormgears [8].

Entfernt jetzt noch das Zahnrad [7] des Wormgear [8], zieht dieses hierzu nun aus dem Gehäuse. 

Dadurch kann der Line Guide [4] samt Führung [9] von der Rolle getrennt werden.

Schritt 6: Spulenlager entfernen:

Die Spulenlager im Getriebedeckel und im rechten Seitendeckel werden mit einer Drahtspange fixiert. Achtet darauf, dass sie euch beim Demontieren nicht   um die Ohren fliegen. Zieht nun die Lager aus dem Lagersitz.

(Um das Lager auf der Spulenwelle zu entfernen ist ein spezielles Werkzeug nötig, um nichts zu beschädigen. Dies ist aber auch nicht notwendig und kann somit montiert bleiben. Mehr dazu weiter unten.)

Schritt 7: Die Reinigung der Rolle

Nun ist die Rolle in alle wesentlichen Bestandteile zerlegt. Jetzt geht es ans Putzen!

Hierzu lege ich das Getriebe, das Wormgear und den Führungszapfen in Bremsenreiniger oder Isopropanol ein, um das alte Fett nachher leichter aus den Zahnflanken und Zwischenräumen zu bekommen.

Die restlichen Internals kann man sehr schön mit einer Bürste und Bremsenreiniger/Isopropanol sauber schrubben. Entfernt auch das verbleibende Fett im Gehäuse und im Getriebedeckel. Reinigt außerdem die Lagersitze im Getriebedeckel und im rechten Seitendeckel der Rolle.

Ist die Rolle vollständig entfettet, könnt ihr den Gehäuseteilen noch eine Kur mit warmen Wasser und / oder Reel Cleaner gönnen, um Schnur Abrieb und anderen Schmutz vom Gehäuse und den Laufflächen der Spule zu entfernen. 

Hat eure Baitcastrolle ein Fliehkraftbremssystem, empfiehlt es sich außerdem, die Bremsflächen gründlich mit warmen Wasser zu Reinigen. Sind diese verschmutzt, ist dies eine sehr häufige Ursache für ein Quietschen beim Wurf. Trocknet danach alles gründlich ab.

Schritt 8: Das Fetten und Ölen der Bauteile

Grundsätzlich gilt hier die Devise: So viel wie nötig und so wenig wie möglich.  Besonders bei der Verwendung von Fett solltet ihr eher sparsam sein. Das „Überfetten“ der Getriebeteile wird sich zwar nicht negativ auf die Wurfperformance auswirken, jedoch ist die Rolle dann häufig (je nach Viskosität (Zähigkeit) des Fettes nicht mehr so leichtgängig. Außerdem hat Fett die Eigenschaft Schmutzpartikel zu binden.

Dennoch gibt es hierbei noch ein paar Kleinigkeiten auf die es zu achten gilt:

Punkt 1:

Die Spulenlager werden NICHT gefettet! Das führt dazu, dass diese merklich langsamer drehen und schlechter anlaufen. Das führt besonders bei leichten Ködern zu starken Einbußen der Wurfweite. Diese Lager werden mit maximal einem Tröpfchen Öl behandelt. Außerdem besteht die Möglichkeit die Spulenlager zu reinigen. Dazu werden diese für bis zu 24 Stunden in Isopropanol eingelegt. Da es sich bei dieser Rolle um vollständig versiegelte Lager handelt, ist das nicht wirklich notwendig. 

Aber Achtung! Zur Demontage des Lagers auf der Spulenwelle befindlichen Lagers, sollte ein Spezialwerkzeug verwendet werden um nichts zu beschädigen!

Punkt 2:

Auch das „Anti-Reverse-Lager“ [10] im Getriebedeckel wird NICHT gefettet. Dieses Lager ist ein Nadellager, welches durch einen recht einfachen Mechanismus als Rücklaufsperre dient und so nur eine Drehrichtung der Kurbel ermöglicht. Verfettet man dieses Lager, so kann es vorkommen, dass der Mechanismus die Funktion quittiert und die Kurbel nachher in beide Richtungen drehen kann. Auch hier reicht ein oder zwei Tropfen Öl vollkommen aus.

Punkt 3:

Bei den verbleibenden Lagern können die Lagersitze mit Fett behandelt werden. Seid aber sparsam.

Legen wir also Los: Da wir beim Fetten der Rolle im selben Zug wieder mit dem Zusammenbau beginnen, fangen wird wieder von hinten an.

  1. Fettet während dem Zusammenbau zunächst die Lagersitze. Tragt danach etwas Fett auf den Führungszapfen auf. Zum Schluss das Wormgear noch flächig mit Fett benetzen. Dreht danach das Wormgear um das Fett zu verteilen

Kurbelwelle einbauen

Fettet hier den Lagersitz und die Kunststoffzahnräder ein bisschen ab.

Getriebe zusammenbauen

Startet mit der Kunststoffauflage und dem Piniongear. Ich selbst nutze die Kunststoffauflage als kleinen „Fettspeicher“ so wird bei jeder Umdrehung des Pinions immer ein klein wenig frisches Fett mitgenommen. Auch auf das Maingear sollte umlaufend Fett aufgetragen werden.

Setzt nun die Bremsscheiben ein. Ihr könnt die Metallscheiben auch sehr sehr dünn mit Fett benetzen. Aber bitte nicht übertreiben!

Jetzt kann die Baitcastrolle fertig zusammengebaut werden. 

Achtet beim Zusammenbau darauf, dass die Federscheiben, wie oben bereits erwähnt gegensätzlich eingebaut werden (sie müssen so: () auf die Kurbelwelle geschoben werden) Nun muss lediglich noch der Bremsstern und die Kurbel montiert werden und die Rolle ist wieder bereit für die nächsten Einsatz!

Fazit: 

Wie ihr seht ist es keine Raketenwissenschaft eine Wartung seiner Baitcastrolle durchzuführen, solange man ein paar Kleinigkeiten beachtet. 

Um lange Freude an seinem Gerät zu haben, ist eine regelmäßige Pflege nunmal unabdingbar. Dadurch werden die Bauteile geschont und ein Verschleiß weitestgehend vermieden. Euer Rollen laufen smoother, leiser und werden euch länger erhalten bleiben.

Probiert es aus!

Petri Heil und tight lines!